"Programm und Prophetie": Bischöfe begrüßen neues Papst-Schreiben
Die österreichischen Bischöfe haben das am Donnerstag veröffentlichte erste Schreiben von Papst Leo XIV. als "Programm und Prophetie" begrüßt. "Dilexi te" stehe in großer Kontinuität zur Sozialverkündigung des Vorgänger-Papstes Franziskus, setze aber eigene Akzente, so der Salzburger Erzbischof und Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Lackner, in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress: "Dieses erste Schreiben unseres Heiligen Vaters ist Mahnung und Anleitung zugleich." Es erinnere daran, dass die Hinwendung zu den Armen für Christen "keine religiöse Kür", sondern Fundament des Glaubens und der Einheit im Glauben sei.
Programmatisch und prophetisch sei "Dilexi te", insofern das Schreiben eine Grenzen überwindende und verbindende Liebe beschreibe, die selbst Feindschaft zu verwandeln trachte. Papst Leo mache deutlich, dass es gelte, für eine solche Kirche heute einzutreten, in der auch die Armen einen Platz hätten. Insofern gehe Leo den von Papst Franziskus begonnenen Weg "mit klaren Worten und festen Schritten weiter", schloss Lackner - und er lud zugleich die Gläubigen ein, das Dokument zu lesen und zu studieren.
Krautwaschl: Gelungenes Gemeinschaftswerk
Als ein gelungenes "Gemeinschaftswerk mit seinem Vorgänger" bezeichnete der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl das neue Papst-Schreiben. Es betone vieles, das Papst Franziskus stets hervorgehoben habe - die gleiche Würde aller Menschen, die Anliegen der Armen und die Hinwendung zu den Menschen am Rande der Gesellschaft.
"Papst Leo betont, dass die Meisten nicht selbst Schuld sind an ihrer Not, sondern hineingeboren oder davon überfallen werden. Man denke nur an die Kriege unserer Tage", so Krautwaschl. Dabei bleibe Leo nicht bei der Analyse stehen, sondern nenne auch "Gegenmittel": "Eine gute Bildung für alle, eine Sozialpolitik, die die Armen ernst nimmt, und schließlich ein Umdenken von allen Menschen, Not anzuerkennen und zu helfen, wie das möglich ist."
Caritasbischof: "Ein gutes Leben für alle ist keine Utopie"
Aus Sicht des österreichischen "Caritasbischofs" Benno Elbs gelingt Papst Leo XIV. mit seinem neuen Schreiben "Dilexi te" die inhaltliche Anknüpfung sowohl an die von Papst Franziskus (2013-2025) betonte "Option für die Armen" als auch an die Soziallehre von Papst Leo XIII. (1878-1903), der bereits im 19. Jahrhundert die prekäre Situation der Arbeiter und Arbeiterinnen in den Mittelpunkt stellte. Der Feldkircher Bischof versteht das Sozialschreiben von Leo XIV. zudem als Bestätigung und Orientierung der Arbeit der Caritas und vieler großer und kleiner Initiativen der Nächstenliebe und Solidarität, wie er am Donnerstag erklärte.
"Die Not unserer Mitmenschen darf uns nicht kalt lassen. Mehr noch: Als Christinnen und Christen muss uns der 'Schrei der Armen' in unserem Innersten berühren", sagte Elbs. "Solidarität mit den Menschen am Rande, die bedingungslose Liebe zu ihnen durchzieht als eine der großen Lebensadern den christlichen Glauben."
Das erste Lehrschreiben Papst Leos lese er als Weiterentwicklung in großer Kontinuität des solidarisch-mitmenschlichen Gedankens, so der Bischof: "Als Geschöpfe Gottes sind wir Brüder und Schwestern. Das Leid der Anderen ist auch unser Leid und das Arbeiten an einem guten Leben für alle ist keine Utopie, sondern Auftrag an uns alle."
Sozialbischof Marketz: Dankbar für die starken Worte des Papstes
Großes Lob und große Dankbarkeit für das Schreiben "Dilexi te" von Papst Leo kommt vom Kärntner Bischof Josef Marketz. Für Marketz - er ist in der Österreichischen Bischofskonferenz für Soziales zuständig - ist die Tatsache, dass das erste Schreiben Papst Leos den Armen gilt, ein deutliches Signal dafür, "dass Leo XIV. den Weg seines Vorgängers Papst Franziskus weitergeht". Marketz zeigte sich in einer Aussendung am Donnerstag dankbar für die "klaren und starken" Worte des Papstes bei umstrittenen Themen wie Migration und Ausgrenzung.
Papst Leo XIV. warne etwa, dass es normal werde, "die Armen zu ignorieren und so zu leben, als ob es sie nicht gäbe", so Bischof Marketz: "Der Papst spricht Probleme an, die wir derzeit erleben und viele Menschen zutiefst verunsichern. Etwa, dass manche Entscheidungen der Wirtschaft vom Volk Opfer verlangen, um Interessen der Mächtigen zu dienen." Leo XIV. verweise dagegen auf das konkrete Handeln "und die Verantwortung vor allem von uns Christen".
Ganz deutlich spreche sich der Papst gegen Tendenzen aus, die auch in Österreich immer weitere Kreise ziehen, nämlich "die Tatsache, dass praktizierte Nächstenliebe verachtet oder lächerlich gemacht wird", so Marketz: "In diesem Zusammenhang fordert uns der Papst auf, das Evangelium immer wieder neu zu lesen. Denn dann wird klar, dass Nächstenliebe, die Liebe zu den Armen, Verfolgten und Ausgegrenzten der Kern unseres Glaubens, sozusagen die eigentliche DNA der Kirche ist."
Als ehemaliger Caritasdirektor wisse er, so der Bischof, dass der Einsatz für die Armen für viele Menschen - auch Christen - eine Herausforderung darstellt. Der Papst spreche diesbezüglich Klartext, wenn er sagt, dass Arme nicht bloß als soziales Problem betrachtet werden dürfen, sondern quasi zur Familie gehören. Als programmatisch wertet Marketz die Definition von Kirche, die der Papst gegen Ende seines Schreibens formuliert. Er spreche dort von einer "Kirche, die der Liebe keine Grenzen setzt" und die "keine zu bekämpfenden Feinde kennt", sondern nur Menschen, die es zu lieben gelte. Das sei, so der Kärntner Bischof, "auch die Grundlage unseres Synodalen Entwicklungsprozesses". Mit dem Papst zeigte sich der Kärntner Bischof überzeugt, "dass diese Kirche die Welt heute braucht".
Quelle: kathpress (09.10.2025)