Presseerklärungen der Herbstvollversammlung
Presseerklärungen der Herbstvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz 8. bis 10. November 2005, Vatikanstadt
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1. Ad-limina-Besuch
Der Ad-limina-Besuch der österreichischen Bischöfe von 3. bis 9. November hat die Gemeinschaft und herzliche Verbundenheit zwischen Papst Benedikt XVI. und der katholischen Kirche in Österreich eindringlich unter Beweis gestellt. Licht und Schatten in der katholischen Kirche in Österreich sind benannt worden; die Bischöfe sind - bestärkt durch den Nachfolger des Apostels Petrus - aus Rom zurückgekehrt, um gemeinsam mit Priestern, Ordensleuten und Laien mit neuem Elan den Weg der Nachfolge Jesu zu gehen.
Die Kirche ist nicht für sich selbst da. Sie hat vielmehr den Auftrag Christi, inmitten der Menschen von heute Seine befreiende Botschaft von der Erlösung und von der Barmherzigkeit Gottes zu leben. Papst Benedikt XVI. hat daran erinnert, dass Klarheit und Schönheit des Glaubens an Christus das Leben der Menschen hell machen.
Der Papst hat die Bischöfe eingeladen, gemeinsam mit ihm "gelassen und zuversichtlich" die Zeichen der Zeit zu erkennen und das Evangelium Christi unverkürzt zu verkünden. In bewegenden Worten hat der Heilige Vater vor einer großen Öffentlichkeit bei der Generalaudienz am 9. November seine besondere Verbundenheit mit Österreich bekundet und den Bischöfen, Priestern und Laien gedankt.
Die Bischöfe fühlen sich bestärkt, die großen missionarischen Aufbrüche der letzten Jahre - Wiener Stadtmission, Mitteleuropäischer Katholikentag, Initiative "Offener Himmel" in Salzburg - weiterzuführen und zu vertiefen. Das "begeisterte und begeisternde" Zeugnis für Christus kann jene spirituelle Trendwende zu einem mehr an Glaube, Hoffnung und Liebe herbeiführen, von der Papst Benedikt XVI. bei der Gemeinschaftsaudienz für die österreichischen Bischöfe gesprochen hat. Der Heilige Vater hat den Bischöfen in besonderer Weise aber auch den Dienst an den Menschen in Not, in materieller wie geistiger Not, ans Herz gelegt.
Die Bischöfe freuen sich, dass Papst Benedikt XVI. die Einladung nach Mariazell für September 2007 wohlwollend aufgenommen und seine persönliche Beziehung mit dem mitteleuropäischen Marienheiligtum betont hat.
2. Österreichs EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006
Am 1. Jänner 2006 übernimmt Österreich für ein halbes Jahr den Ratsvorsitz der Europäischen Union. In kritischer Solidarität begleitet die katholische Kirche den europäischen Integrationsprozess und lädt dazu ein, den Blick auf Christus zu richten - Ihn, den die Katholiken besonders im vergangenen Jahr während des Mitteleuropäischen Katholikentag als "Hoffnung Europas" bekannt, verkündet und gefeiert haben -, um im Vertrauen auf Ihn am "Bauplatz Europa" mitzubauen und sich dabei von Ihm inspirieren und leiten zu lassen. Der Leitgedanke soll dabei die "Solidarität" sein, jenes Prinzip der Katholischen Soziallehre, das die "Seele" der Europäischen Union ist:
- Der Prozess der wirtschaftlichen und finanziellen Globalisierung darf nicht als unabwendbares Schicksal verstanden werden, sondern verlangt nach Gestaltung und Ordnung. Das bedeutet nicht nur tätige Solidarität mit jenen ärmsten Ländern, deren Lebensgrundlage durch die Globalisierung bedroht wird, sondern ein aktives Umdenken in den reichen Ländern. Der unter dem österreichischen Ratsvorsitz in Wien stattfindende EU - Lateinamerikagipfel sollte dafür ein konkreter Anlass sein.
- Im Hinblick auf eine Neuordnung der Sozialsysteme sind das Umdenken und das Verantwortungsbewusstsein aller Menschen in der Europäischen Union notwendig. Ein gerechter Ausgleich zwischen den Generationen verbietet es, die Lasten einseitig nur einer Generation, der jüngeren, aufzubürden. Solidarität verbietet nicht nur herrschendes Besitzstandsdenken, sondern fordert eine ehrliche Verteilung zwischen den Generationen und die Einsicht, dass stärkere Schultern schwerere Lasten tragen sollen. Besondere Aufmerksamkeit muss dabei denjenigen geschenkt werden, die aus dem Sozialsystem zu fallen drohen und am Rand der Gesellschaft oder in Armut leben.
- Große Bedeutung kommt den Familien zu. Sie sind die Keimzelle der Gesellschaft. Aus ihnen entsteht neues Leben und eine neue Generation, in ihnen erprobt sich das Zueinander und Miteinander verschiedener Generationen, in ihnen werden zuerst jene Tugenden gelernt, derer die Gesellschaft besonders bedarf: Ehrfurcht vor dem Leben und dem anderen, Solidarität, Toleranz.
Die gegenwärtige Krise des "Projekts Europa" ist auch Ausdruck einer fehlenden gemeinsamen Vision des Zusammenlebens in Europa. Die Staats- und Regierungschefs haben im Dezember 2004 Europa und sich selbst eine "Nachdenkpause über Europa" verordnet. Solche "Sabbatjahre" können heilsam sein - wenn sie wirklich zur Rückbesinnung, zum Nachdenken und zur Neuordnung genutzt werden. Mit einem Wort des in diesem Jahr verstorbenen Hl. Vaters, Papst Johannes Paul II. möchten die Bischöfe dazu einladen, diese Chance zu nutzen: "Europa, kehre du selbst um! Sei du selbst! Entdecke wieder deine Ursprünge. Belebe deine Wurzeln" (Nachsynodales Schreiben Ecclesia in Europa, Art. 120). Dieser Aufruf gilt nicht nur den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, sondern er richtet sich an alle Katholiken, ja an alle Menschen guten Willens.
3. Mariazell
Im Jahr 2007 wird in Mariazell das 850-Jahr-Jubiläum der Wallfahrt gefeiert. Seit der "Wallfahrt der Völker" als dem Höhepunkt des Mitteleuropäischen Katholikentages ist die völkerverbindende Kraft des Marienortes im Herzen Österreichs noch stärker im öffentlichen Bewusstsein verankert.
Höhepunkt der Feierlichkeiten im Jahr 2007 wird das Patronziniumsfest von Mariazell am 8. September sein. Die österreichischen Bischöfe haben Papst Benedikt XVI. dazu nach Mariazell eingeladen.
Unter dem Motto "Christus - Hoffnung Europas" soll dieses Fest in einer neuen schwierigen Phase des europäischen Einigungsprozesses die Bedeutung von Mariazell als spirituelle Heimat für viele Völker in Mitteleuropa hervorheben und Impulse für die Zukunft geben. In dankbarer Erinnerung an die "Wallfahrt der Völker" werden Abordnungen aus allen Teilnehmerländern des Mitteleuropäischen Katholikentags in Mariazell erwartet.
Mariazell als ein Ort, "wo der Himmel die Erde auf außergewöhnliche Weise berührt", zieht in besonderer Weise auch junge Menschen an. Daher wird im Jubiläumsjahr von 12. bis 15. August 2007 eine große mitteleuropäische Jugendwallfahrt nach Mariazell stattfinden. Die Fragen, Hoffnungen und Wünsche der Jugendlichen in Bezug auf die eigene und die gemeinsame Zukunft sollen die Inhalte bestimmen. Im Blick auf Maria können die Jugendlichen das Wort des Propheten Jeremia "Ich will euch eine Hoffnung und Zukunft geben" im eigenen Leben erfahren.
In Vorbereitung auf diese Jugendbegegnung werden im Rahmen der Aktion "72 Stunden ohne Kompromiss" der Katholischen Jugend Österreichs im kommenden Jahr die Pilgerwege nach Mariazell für das Jubiläumsjahr neu markiert. Die 72-Stunden-Aktion wird erstmals in Kooperation mit katholischen Jugendlichen aus den Teilnehmerländern des Mitteleuropäischen Katholikentages durchgeführt.
Mit der Vorbereitung der Jugendbegegnung wurde "Jugend-Bischof" Franz Lackner beauftragt.