Medienethikerin warnt vor Einflussnahme auf Papstwahl
Mit Blick auf das am Mittwoch beginnende Konklave warnt die Wiener Sozialethikerin Linda Kreuzer vor wachsenden Einflussversuchen auf die Papstwahl. Anlass ist ein Internet-Tool namens "Kardinal-O-Mat" sowie die Website www.collegeofcardinalsreport.com. Letzteres entstammt dem Umfeld der konservativen US-Verlagsgesellschaft Sophia Institute Press mit Sitz in Manchester (New Hampshire). Letztere und die mit ihr verbundenen Autoren stehen und standen dem Pontifikat des verstorbenen Papstes kritisch gegenüber. Für Kreuzer lässt dies die Mutmaßung zu, ob das harmlos wirkende Tool nicht "Teil eines breiteren Kommunikations- und Agenda-Settings konservativer katholischer Kreise" sein könnte.
"Der Kardinal-O-Mat ist zwar keine Wahlempfehlung, aber empfiehl ihn gerne allen Kardinälen, die Du kennst ;)", heißt es etwa gleich auf der Startseite des Online-Tools, das Nutzern anhand weniger Fragen zu Themen wie Frauenordination, Pflichtzölibat oder Homosexualität eine "Papst-Wahl-Empfehlung" gibt. Zentrale aktuelle Themen wie der kirchliche Umgang mit Missbrauchsfällen sind aber nicht Teil der Abfrage.
"Repräsentativ und objektiv wird das Kardinalskollegium damit nicht abgebildet", so Kreuzer über das "harmlos daherkommende" Tool. Es bestehe die Gefahr einer "Diskurshegemonie", kritisiert die Theologin mit Schwerpunkt auf Medienethik, denn die Hauptquelle des "Wahl-O-Mat" die Website "College of Cardinals Report" (CCR) listet aktuell nur 22 sogenannte "Papabili" von insgesamt 132 Papstwähler, darunter bekannte Kritiker des verstorbenen Papstes wie Kardinal Robert Sarah. Woher die Informationen zu den einzelnen Themen stammen, könne außerdem nur teils überprüft werden. Auch hier gebe es ein "Agendasetting", meint die Theologin, da längst nicht alle Kardinäle aufgelistet und detailliert beschrieben werden.
Verbotener "Wahlkampf"
Der eigentlich verbotene "Wahlkampf" ist damit in den Augen der Sozialethikerin schon längst im Gange, "obwohl das Konklave weniger vom Wunsch geprägt sein sollte, eigene Strategien durchzubringen". Zwar gehöre Meinungsbildung zum Prozess, doch Kreuzer hofft auf Offenheit: "Niemand sollte bei so wichtigen Entscheidungen mit unverrückbaren Haltungen ins Gespräch gehen. Die Gesamtheit der Kirche muss im Auge behalten werden."
Kreuzer zieht Parallelen zur Politik: Auch dort würden Koalitionsverhandlungen "möglichst ohne äußere Einflüsse" geführt, um bei Sachfragen mit dem Gegenüber einen Kompromiss finden zu können. Das Konklave solle daher getragen sein "vom gemeinsamen Gestaltungswillen und dem Hoffen auf eine bestmögliche Entscheidung". Externe Stimmungsmache gefährde nicht nur den innerkirchlichen Diskurs, sondern könne Polarisierungen vertiefen. "Der derzeitige Trend zu Polarisierung und Personalisierung schadet der Institution Kirche mehr, als er ihr nützt", so die Sozialethikerin.
Influencerinnen und Frömmigkeit
Hinter dem "College of Cardinals Report" steht laut Kreuzer ein breiteres Kommunikationsnetzwerk konservativer katholischer Kreise. Das dahinterstehende "Sophia Institute Press" verfolge dabei eine klare Linie, traditionelle katholische Werte im Sinne einer Gegenhegemonie stark zu machen, so die Expertin. Sie verweist auf deren breitgefächertes Sortiment an Büchern und Spielen, die auch via Instagram von traditionell-katholischen Influencerinnen beworben werden, darunter auch Kinderbücher.
Mittlerweile (Stand 2. Mai) sind die Quellen des Online-Tools größtenteils offengelegt - anders als zum Start der Wahlhilfe. So hieß es am 28. April noch auf der "Kardinal-O-Mat"-Website, dass die Informationen "auf frei im Internet verfügbaren Informationen der Cardinalium Collegii Recensio, Reuters, BBC, und Wikipedia" basieren. Und: "Der Kardinal-O-Mat hat keine Verbindungen zur Cardinalium Collegii Recensio". Wenige Tage später - am 2. Mai - hieß es "viele Informationen basieren auf der Cardinalium Collegii Recensio (CCR)" - mit dem Zusatz: "Für den Kardinal-O-Mat wurden die Quellen, die die CCR angibt, überprüft (Quelle überprüft) und die Angaben teils verändert (überprüft und verändert). Dieser Prozess ist für die Papabili bereits beendet und für die anderen Kardinäle im Gange (CCR, noch nicht überprüft)." Weiters seien überprüfte Quellen verlinkt worden.
Quelle: Kathpress