
Neues Fenster im Stephansdom zeigt gotisch-modernen Erzengel Michael
Der in Linz geborene Künstler Peter Baldinger hat die fehlenden Teile des aus dem Mittelalter stammenden Michaelsfensters in der Bartholomäuskapelle im Stephansdom mit gotischen und zeitgenössischen Motiven ergänzt. Das Motiv war durch die noch bestehenden Kölner Domfenster Gerhard Richters vorgegeben. Für Baldinger galt es, die Figur des Heiligen Michael zu komplettieren, von dem im mittleren Geschoß des neunteiligen Fensters nur das rechte Drittel vorhanden war, wie die Erzdiözese Wien in einer Aussendung mitteilte. Auch die drei verlorenen Scheiben des unteren Geschosses sollten entsprechend dem ikonischen Programm fortgeführt werden. Im unteren Drittel des Mittelgeschosses war ein Engelsflügel und ein Teil einer Seelenwaage mit Verdammten erhalten geblieben.
Es ist nicht die erste künstlerische Arbeit, die Baldinger für den Stephansdom konzipierte. 2013 gestaltete er das erste künstlerische Fastentuch für den Stephansdom. 2019 bespielte er mit seiner Installation "Sky of Stones" das Mittelschiff des Domes. Die zeitgenössischen Glasscheiben für das Michaelsfenster fertigte Baldinger in der Glaswerkstatt des Stiftes Schlierbach gemeinsam mit der Glasbildnerin Kyra Kleinschmidt.
Die Figur des Erzengels vervollständigte der Künstler als apokalyptischen Seelenwäger mit Rüstung und Schwert. Die linke Scheibe zeigt den zweiten Engelsflügel und den Teil der Seelenwaage mit den Seligen. Unter dem zentralen Michael stilisierte der Künstler eine Auferstehung von den Toten, unter dem vorhandenen rechten Flügel analog zur negativen Seite der Seelenwaage den Höllensturz und unter dem linken Flügel den Zug der Seligen zur Himmelspforte.
Stilistisch orientierte sich Baldinger in erster Linie an der vorhandenen Struktur, wie der Künstler in einer Aussendung der Erzdiözese bekanntgab. Mit der für ihn typischen Methode der Fragmentierung hat Baldinger die Tradition der mittelalterlichen Bleiverglasung fortgesetzt. Dabei sei ein "harmonisches Ganzes" entstanden, "ein einzigartiges aus gotischen und zeitgenössischen Teilen bestehendes Kunstwerk", urteilte die Erzdiözese.
Die Zerlegung des Sujets erzeuge eine Unklarheit und rege den Betrachter dazu an, "genauer" hinzusehen, erklärte Baldinger. Ein "genaueres Hinsehen" der Besucherinnen ist ohnehin notwendig, denn das Fenster befindet sich in der nicht öffentlich zugänglichen Bartholomäuskapelle, die nur bei Spezialführungen besucht werden kann.
Quelle: kathpress