Hünermann: Amazonien-Synode verdichtet päpstliches Reformprogramm

Die laufende Amazonien-Synode lässt sich als eine Verdichtung des umfassenden Reformprogramms verstehen, das Papst Franziskus seit Beginn seines Pontifikats verfolgt: Das hat der deutsche Theologe Peter Hünermann im Interview mit "Kathpress" betont. Das aktuelle Ringen um eine Neuausrichtung der Seelsorge am Beispiel der Amazonas-Region sei nichts anderes als die Abarbeitung des Reformprogramms, das Franziskus in seiner ersten Enzyklika "Evangelii gaudium" (2013) wie eine Programmschrift vorgelegt habe.

Bereits dort habe der Papst von der Notwendigkeit einer neuen Pastoral vor dem Hintergrund konkreter ortskirchlicher Erfahrungen gesprochen. "Ich teile daher die hohen Erwartungen an die Synode völlig. Die Synode ist ein unglaublich tiefschürfend vorbereitetes Ereignis der Weltkirche, ein Riesenunternehmen, und ich bin dem Papst dankbar, dass er das angestoßen hat", sagte Hünermann. Der deutsche Theologe äußerte sich gegenüber "Kathpress" am Rande einer Veranstaltung der "Theologischen Kurse" in Wien.

Es gehe bei den diskutierten Reformfragen - Stichwort "viri probati" - daher auch nicht um eine schlichte liberal-theologische Agenda, wie dies innerkirchliche Kritiker dem Papst vorwerfen, sondern vielmehr um die Frage der Zukunft der Seelsorge überhaupt: Indem sich im Großraum Amazonien ökologische, gesellschaftliche und seelsorgliche Fragen miteinander verweben, würden sie zugleich über den bloßen Raum einer Ortskirche hinausreichen und "weltkirchliche Bedeutung" gewinnen, so Hünermann.

Amazonien ist ein globaler Brennpunkt für all jene Herausforderungen, vor denen wir gesamtkirchlich und als Menschheit stehen.

Peter Hünermann zählt zu den bekanntesten und einflussreichsten deutschsprachigen Theologen der Gegenwart. Er lehrte zunächst bis 1983 als Professor für Dogmatik in Münster, danach bis zu seiner Emeritierung 1997 in Tübingen. Er war Honorarprofessor an die Universidad Catolica Boliviana in Cochabamba und erhielt dort ein Ehrendoktorat, weiters in Buenos Aires (Pontificia Universidad Católica Argentina), Freiburg/Breisgau und Erfurt. Hünermann war u.a. Gründungspräsident der "Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie".

Quelle: kathpress